Vertrauen schaffen - Die Prägephase
Vegetative Phase
In den ersten 2 Wochen nach der Geburt - in der sogenannten vegetativen
Phase - besteht das Leben der Kitten aus Saugen, Verdauen, Schlafen,
umsorgt von der Katzenmutter, die ständig bei ihren Kindern liegt und für
Nahrung, Wärme und Wohlbefinden sorgt. Sie werden blind und taub geboren,
reagieren Ende der ersten Woche aber schon auf Geräusche und schnurren. In
der zweiten Woche öffnen sich die Augen, die Ohren richten sich auf, die
Geräusche werden geortet und in der 3. Woche entwickeln sich die
Katzenkinder zu "Augentieren", Mutter und Geschwister werden optisch
erkannt. Die Kitten üben sich in kleinen Sprüngen, buckeln und erkunden
neugierig mit kleinen Ausflügen ihre Umgebung.
Die Katzenkinder beginnen in der Folgezeit sich aktiv mit ihrer Umwelt
auseinander zu setzen und verlassen das Lager immer öfter. Bei lauten
unbekannten Geräuschen flüchten sie zurück in ihre Höhle, kommen aber bald
wieder hervor, denn die Neugier überwiegt. Aus den Katzenbabies werden
kleine Forscher, sie beginnen überall herumzuwuseln. Die motorischen
Fähigkeiten entwickeln sich rasant, die Kitten springen, hüpfen, klettern,
üben sich in Fang- und Anschleichspielen und wenn sie Gelegenheit dazu
haben, erlegen sie die erste kleine Beute. Die Mutterkatze ist jetzt nicht
mehr ständig bei ihren Jungen, besucht sie nur noch zu den Fütterungs- und
Säuberungszeiten und nimmt ihr familiäres Leben wieder auf.
Prägungsphase
In dieser Zeit, zwischen 4.-8. Lebenswoche, werden die Kitten "geprägt",
es werden die Grundsteine für die Wesensentwicklung gelegt, ihre
charakteristischen Verhaltenseigenschaften, die ein Produkt aus erblichen
Anlagen und Umwelterfahrung sind. In dieser hochsensiblen Phase höchster
Lernbereitschaft sollen die Katzenkinder den Menschen als Sozialpartner
erfahren, dem sie vertrauen dürfen. Die erblichen Anlagen können wir nicht
verändern, aber die Art und Weise, wie wir das Katzenkind in die Umwelt
einführen, darauf hat der Züchter den alleinigen Einfluss und deshalb auch
die größte Verantwortung. Die positive Einstellung zum Menschen ist eine
der wichtigsten Leistungen, die der Züchter für die Kitten und künftigen
Kittenerwerber erbringen muss.
Am Anfang ist die Angst
Angst vor Ungekanntem ist angeboren. Die Entwicklung der Katzenkinder
besteht nun darin, Unbekanntes in Bekanntes und Vertrautes zu verwandeln,
dabei helfen ihnen ihre angeborene Neugier. Gäbe es Angst vor Unbekanntem
nicht und das Katzenkind würde ausschließlich seiner Neugier folgen,
könnte die nächste Erfahrung bereits tödlich sein. Angst schützt also
davor sich blindlings in Gefahr zu begeben. Das Katzenkind muss also
Gelegenheit erhalten, Erfahrungen zu sammeln, diese einzuordnen, zu
bewerten und zu lernen, wovor es Angst haben muss und wovor nicht. Diese
Lernprozesse sind eine biologische Lebensnotwendigkeit zur
Lebensbewältigung. Es werden die aktuell vorgefundenen Lebensbedingungen
erfahren und erlernt.
Prägung auf den Menschen und seine Umwelt - praktische Umsetzung
Die erste Gewöhnung an den Menschen geschieht ganz automatisch, wenn die
Kleinen vom ersten Lebenstag an beim Züchter gewogen werden. Das
Katzenbaby wird auf den Arm genommen, gestreichelt und liebkost, so
entwickelt sich bereits eine erste Vertrautheit.
Als Begrüßungszeremonie lassen Sie die Kleinen immer zuerst an Ihnen
schnuppern ehe sie gestreichelt werden. Die Duftkontrolle gehört zum
Katzenritual. Auch ist es wichtig, sich zu den Katzenkindern auf eine
Ebene zu begeben, sie auf dem Schoss herumkrabbeln zu lassen. Die Kitten
müssen die Möglichkeit haben, den Menschen zu beschnuppern, belecken und
beknabbern zu können. Damit sich die Kleinen zu Menschenfreunden
entwickeln, ist es in dieser Zeit wichtig, das Interesse der Katzen
zeitweise auf den Menschen zu richten, das geschieht durch gemeinsames
Spielen, Sprechen, Füttern und Schmusen. Feste Fütterungszeiten sind
hierbei hilfreich, denn der Betreuer wird sehnsüchtig erwartet. Steht
Futter permanent zur Verfügung, wird der Mensch als Futtergeber
uninteressant.
Die Umwelt der Katzen besteht nicht nur aus dem Menschen, sondern es
wirken auch viele leise und laute Geräusche auf das Katzenkind ein.
Wachsen die Kitten innerhalb der Familie auf, werden sie so frühzeitig auf
alle lebensnahen Wohnungsgeräusche gewöhnt. Das erste laute
Staubsaugergeräusch löst Furcht und Schrecken aus und die Katzenkinder
flüchten in ihre Höhle zurück. Es ist deshalb ratsam, ein lautes Geräusch
zunächst in größerer Entfernung ertönen zu lassen. Sobald die Katzenkinder
nicht mehr furchtsam reagieren, kann man den Abstand zur Geräuschquelle
verringern und die Lautstärke verändern.
Heute gibt es auch hilfreiche Geräusch-CDs zur Gewöhnung an unsere laute
Umwelt.
Leben anderen friedliche tierische Mitbewohner in dem Haushalt, ist dies
eine Bereicherung für die Sozialisierung der Katzen. Auch ist es von
Vorteil, wenn die Katzen Kinder und andere Menschen kennen lernen dürfen.
Es spricht auch nichts dagegen die Kitten frühzeitig mit einem
Transportkäfig vertraut zu machen, es ist für sie eine willkommene weitere
Schlafplatzmöglichkeit. Sind die Katzenkinder mit der Box vertraut, ist
ein späterer Transport mit dem Auto meist unproblematisch. Mit kleinen
Übungsfahrten mit mehreren Kitten oder einer sicheren Mutterkatze in der
Box gewöhnt man die Kleinen angstfrei ans Autofahren. Wird der
Autotransport noch mit Leckerlis positiv besetzt, verliert sich die Frucht
schnell. Die erste Autofahrt sollte nicht mit einem Tierarzt- oder
Ausstellungsbesuch verbunden werden, denn das Katzenkind würde nur die
Erfahrung machen, Transportkäfig und was danach folgt, ist Stress pur.
Rassekatzen werden in engem Kontakt zum Menschen gehalten, dafür werden
sie gekauft. Sie haben keine Aufgabe mehr außer den Menschen zu erfreuen
und Kuschelpartner zu sein.
Eine auf den Menschen und seine häusliche Umwelt gut geprägte Katze ist
eine lebenstüchtige Katze.
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